Geschichte
Leubringen wird erstmals um 1300 als Lomeringen erwähnt. Bis 1798 war der Fürstbischof von Basel Lehnherr des Juras bis Biel. Biel erhielt als Meierei spezielle Rechte. Die 3 Ortschaften Leubringen, Bözingen und Vingelz waren Biel zugeordnet als „äussere Ziele“. Der Nachbar-Ort Orvin hatte eine weitaus grössere Bedeutung als Leubringen und bildete die Herrschaft Orvin. Gewisse Ländereien in Leubringen gehörten Klöstern wie dem Kloster Gottstatt, das wiederum Bellelay unterstand. 1528 beschlossen Meier, Rat und Burger von Biel die Einführung der Reformation, womit Leubringen protestantisch wurde. Im Februar 1798 wurde das ehemalige Herrschaftsgebiet des Fürstbischofs von Basel Teil von Frankreich. Unter französischer Herrschaft gehörte Leubringen von 1798-1813 zum Canton de Bienne.
Illustration : Grenzkarte Gemeinde Evilard/Leubringen und Stadt Biel um 1800; Quelle: Stadtarchiv Biel [StadtA Biel, 218, CCXV, 39]
Die Niederlage Napoleons bei Leipzig im Oktober 1813 läutete das Ende der französischen Vormacht ein und veranlasste die Kantone, die Mediationsverfassung Bonapartes ausser Kraft zu setzen. Eine österreichische Armee setzte der Franzosenherrschaft in Helvetien ein Ende – auch in Biel und im Jura. Im Wiener Kongress von 1814/15 wurde Biel dem Kanton Bern zugeteilt, zuerst dem Oberamt Nidau, ab 1832 dem Amtsbezirk Biel. Dieser bestand aus Biel, Bözingen, Vingelz und Leubringen. Kirchenmässig gehörte Leubringen bis 1821 zum Pfarramt Orvin und wurde danach Biel angeschlossen.
Erste Burger gemäss Burgerrodel
Die ersten Burger im Burgerrodel sind Villars und Allemand, etwas später die als Hugenotten in die Schweiz geflüchteten Jean. Der Burgerrodel zeigt auch Namen von Burgern, die heute ausgestorben sind, wie Oesterli, Louis oder Novagg.
Erste Einträge im Burgerrodel mit Name, Name der Ehefrau, Vorname und Geburtsjahr:
1-033 |
Villars |
Perrot |
Noé |
1722 |
1-002 |
Allemand |
Sison |
Jonas |
1728 |
1-002 |
Allemand |
Léchot |
Jean Jacques |
1729 |
1-032 |
Villars |
Perrot |
Pierre |
1729 |
1-032 |
Villars |
Houriet |
Abram |
1729 |
1-002 |
Allemand |
Sison |
Louise |
1731 |
1-029 |
Keller |
Weber |
François Joseph |
1753 |
1-026 |
Oesterli |
Laubscher |
Jean Christophe |
1763 |
1-021 |
Louis |
Jean |
Abrame |
1767 |
1-071 |
Novagg |
Niffenegger |
Martin |
1767 |
1-015 |
Jean |
Villars |
Salomon |
1754 |
1-015 |
Jean |
Villars |
Suzanne Cathérine |
1754 |
Mitte des 18. Jahrhunderts herrschte ein Klima von Angst und Verunsicherung aufgrund von Krankheiten und Verlusten an Vieh. Mit der Zeit baute sich der Verdacht auf, dass die Frau von Georges Villars verantwortlich für das viele Unglück sei. Im Jahre 1757 wurde in Biel der letzte Hexenprozess gegen Frau Villars geführt. Aufgrund der Intervention des Arztes Dr. Scholl wurde die gute Frau freigesprochen, jedoch auf Lebenszeit aus dem Gebiet der Meierei Biel verbannt. Heute weiss man, dass die Missernten und die damit verbundenen Krankheiten auf das kalte Klima zurückzuführen sind, das 1748 und 1757 zweimal zu einer Seegfrörni geführt haben.
Illustration : Burgerrodel.
Leubringen um 1836
Neben dem Burgerrodel sind in den Archiven die Burgerrechnungen seit 1823 und die Burgerratsprotokolle seit 1833 vorhanden. Die ersten Burgerrechnungen wurden mit der Währung Livre, Batzen und Rappen erstellt. 1 Livre hatte 10 Batzen, 1 Batzen 10 Rappen. Erst im Nachgang zur Gründung des Bundesstaates im Jahre 1848 wurde mit dem Münzgesetz von 1850 die Währung auf Schweizerfranken à 100 Rappen umgestellt, wobei 1 Livre neu 1.42 Franken entsprachen. Als Beispiel soll die Rechnung vom Jahre 1836 dienen. 1 Livre von 1836 entspricht auf Basis der Konsumentenpreise heute 20 CHF, auf Basis der Löhne sogar 115 CHF.
Als Folge des Berner Primarschulgesetztes von 1835 wurde um 1840 das alte Schulhaus gebaut und im Jahre 1849/1850 erweitert. Im Jahre 1850 zählte Leubringen 365 Einwohner. Im 19. Jahrhundert war die Burgergemeinde Leubringen noch nicht Eigentümerin der Métairie d’Evilard (erste Terrainflächen von 16 ha wurden erst im Jahre 1875 erworben), sondern besass oberhalb von Courtelary die Métairie La Blanche (Weisshaus).
Im Verzeichnis „Ortschaften des eidgenössischen Freistaates Bern“ von 1838 ist Leubringen aufgeführt mit
- Leubringen (Evillard), Dorf
- Magglingen (Macolin), kleines Dorf
- Combe, einzelnes Haus
Illustration : Karte Evilard 1850, Bild Batzen
Im Verzeichnis der Postbüros, Postablagen und Postboten vom 1. September 1838 ist Leubringen nicht erwähnt, sondern lediglich das Postbüro in Biel, die Postablage in Bözingen und der Postbote von Biel nach Orvin. Im Verzeichnis der Landjägerstationen der Republik Bern vom 1. September 1938 fehlt Leubringen; erwähnt wird Biel mit 3 Landjägern und Bözingen mit einem Landjäger.
Die Masse und Währung von 1836 unterschieden sich wesentlich von heute und wurden je nach Gebiet unterschiedlich definiert. Distanzen wurden in Stunden und Minuten angegeben (Beispielsweise von Bern nach Biel 5 Stunden, 55 Minuten). Für kleine Längen wurde die Rute (fr. „Perche“) verwendet (1 Rute = 10 Fuss = ca. 3m; in Neuchâtel jedoch 1 perche=16 pieds=4.5m). Das Flächenmass war diejenige Fläche, die in einem Tag beackert werden konnte, im deutschsprachigen Raum „Jucharte“, im französischsprachigen Gebiet „Journal“ genannt. Ab 1836 wurde die Jucharte auf 36 Aren festgelegt. Bis 1872 wurden die Flächen in den Büchern der Burgergemeinde mit Journal angegeben, danach mit Arpent, wobei 1Journal = 1 Arpent. Die Lage einer Liegenschaft wird im Verhältnis zu den Nachbarliegenschaften definiert. Dabei bedeutet «Lufts» Westen, «Bisen» Osten, «Sonnen» Süden und «Bergs» Norden.
Illustration : Plan 1808 (Quelle: „Il était une fois“)
Ausscheidungsvertrag von anno 1858
In den Anfangsjahren seit Gründung hatte die Einwohnergemeinde kaum finanzielle Mittel zur Verfügung, da die gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Steuern durch die Gemeinde erst im Jahre 1862 geschaffen wurde. Aufgrund eines kantonalen Gesetzes von 1852, das die klare Aufteilung zwischen Gemeindegut und Burgergut verlangte, haben die Einwohnergemeinde und die Burgergemeinde am 10. März 1858 einen Ausscheidungsvertrag abgeschlossen, welcher am 23. März 1864 vom Kanton mit rückwirkender Inkraftsetzung sanktioniert worden ist. Erstaunlich und ebenso beeindruckend ist dabei, dass dieser Vertrag im Namen der Einwohnergemeinde wie auch im Namen der Burgergemeinde beidseitig von den gleichen Personen unterzeichnet worden ist, nämlich von Louis Villars als Gemeindepräsident und Aimé Villars als Gemeinde-Sekretär und ebenso von Louis Villars als Burgerpräsident und Aimé Villars als Burgersekretär.
Die Burgergemeinde übernahm mit dem Ausscheidungsvertrag die Pflicht, die Einwohnergemeinde in verschiedenen Bereichen finanziell und mit Naturalien zu unterstützen. So hatte die Burgergemeinde alljährlich sechshundert Franken an die Gemeindekasse und das Lehrmaterial der Schule zu bezahlen und zusätzlich das Bau-, Säge- und Brennholz für das Gemeindehaus, das Schulhaus und die Lehrerschaft gratis zu liefern. Ferner tritt die Burgergemeinde unentgeltlich das Schul- und Gemeindehaus, das Feuerspritzenhaus, der Dorfweiher, alle öffentlichen Brunnen und Brunnleitungen, sowie alle öffentlichen Plätze und Wege an die Einwohnergemeinde ab.
Illustration : Unterschriften Ausscheidungsvertrag
Jahrhundertwende und erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Am 26. Juni 1877 wurde das Grand Hotel Kurhaus Magglingen festlich eingeweiht mit einem grossen Bankett und Feuerwerk. Die Idee stammte von Ärzten, unter anderem dem Stadtarzt Cäsar Adolf Bloesch, der auch die Geschichte von Biel aufgearbeitet hat. Die Burgergemeinde Biel stellte das Land zur Verfügung und der Bieler „Kronen“-Wirt Albert Waelly realisierte das Projekt auf eigene Kosten. Drei Jahre später wurde die Anlage mit Bädern zur Heilanstalt ausgebaut. Mit der Eröffnung der Seilbahn Biel – Magglingen im Jahre 1887 stieg die Attraktivität des Ortes noch einmal an. Um die Jahrhundertwende liess Albert Waelly für seine Gäste 2 Kapellen bauen, davon eine anglikanische. Nach der Etablierung von Magglingen als Luftkurort und dem Bau der Seilbahn Leubringen - Biel im Jahre 1898 erlebte auch Leubringen eine bescheidene touristische Entwicklung. Leubringen hatte damals mehrere Hotels wie „Trois Sapins“ (an der Stelle des heutigen Gemeindehauses), „Kurheim Belvédère“ (heute Cyrano), Hotel Beau-site (oberhalb des heutigen Altersheimes) und „Hotel de la Gare“.
In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen konnte die Burgergemeinde ihren Landbesitz vergrössern. Beispielsweise wurde in den Jahren 1927 bis 1930 in Les Près d’Orvin 36 ha Weideland von 15 verschiedenen Verkäufern erworben zu einem durchschnittlichen Preis von 11 Rappen pro Quadratmeter. Mit dem Konsumentenpreisindex aufgerechnet entspricht dies heute 70 Rappen.
Illustration : Kurhaus Magglingen Holzstich um 1890 (Quelle: Mediathek Sportschule Magglingen); Die Firma Allemand Frère, Evilard führt für Touristen Ausflüge mit dem Auto durch
Änderung des Ausscheidungsvertrags von 1972
Weil die im Ausscheidungsvertrag festgelegten Naturalleistungen später nicht mehr gefragt waren, wurden sie bewertet und kapitalisiert und der Einwohnergemeinde mit einer Einmalzahlung abgegolten. Zusätzlich wurde in diesem Zusammenhang der Einwohnergemeinde das Holz für den Dachstock des neuen Gemeindehauses geschenkt.
Konkret wurden im Vertrag vom 25. Mai 1972 folgende Leistungen definiert:
- Einmalige Zahlung von CHF 35‘000 als Abfindung für das seit 1953 nicht mehr bezogene Holz
- Übertrag zu Alleineigentum
- Landstreifen von 2‘000 m2 für Trottoir entlang Hauptstrasse nach Magglingen
- Landstreifen von 1‘220 m2 entlang Hauptstrasse nach Orvin
- 10‘000 m2 für den Friedhof
- 1‘000 m2 für die Erstellung des Feuerwehrmagazin
- 2‘500 m2 für das neues Schulhaus
- 6‘000 m2 für den Sportplatz Sonpieu
- 350 m2 für den Parkplatz La Combe
- Die Burgergemeinde darf im Gemeindehaus und im alten Schulhaus unentgeltlich ihre Versammlungen und Sitzungen abhalten.
Illustration : Luftfoto 1936
Bis ins Jahr 1997 war die Burgergemeinde zuständig für das Ausstellen des Heimatscheines. Gestützt auf das am 1. April 1997 in Kraft getretene „Gesetz über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht“ vom 9. September 1996 ist es nicht mehr die Burgergemeinde, welche dieses Dokument ausstellt, sondern der entsprechende Zivilstandskreis.